Wichtiger Brückenbauer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

veröffentlicht am 11. Juli, 2023
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Seit mehr als 20 Jahren bringt die Initiative TRAIN Fachhochschule und Unternehmen einander näher und fördert so den Wissens- und Technologietransfer im Kreis Steinfurt.

TRAnsfer und INnovation im Kreis Steinfurt – das sind die zentralen Anliegen von TRAIN. Vor mehr als 20 Jahren ist die Initiative mit dem Ziel angetreten, den Wissens- und Technologietransfer zwischen der FH Münster und Akteuren im Kreis Steinfurt zu fördern und so das Innovationspotential der Unternehmen in der Region zu stärken. Die Ergebnisse der strategischen Allianz zwischen dem Kreis Steinfurt und der FH Münster können sich sehen lassen. Wir haben im Interview mit Stefan Adam und Luana Sommer gesprochen, die gemeinsam mit Sarah Schönfelder das TRAIN-Kernteam bilden.

Wie ist es zur Gründung von TRAIN gekommen? Welche Idee stand dahinter?

Adam: Die Idee im Jahr 2001 war es, eine Institution zu schaffen, die eng mit der Wirtschaftsförderung im Kreis Steinfurt und der FH verknüpft ist und so nah dran ist an Unternehmen auf der einen und Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen auf der anderen Seite. Operativ ist die Initiative TRAIN auch heute noch bei der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft Steinfurt mbH (WESt) und der TAFH Münster GmbH als zentraler Innovationsförderungs- und Projektentwicklungsgesellschaft der FH angesiedelt. So kann sie nach wie vor als wichtiges Bindeglied zwischen den Unternehmen im Kreis Steinfurt und der Wissenschaft vor Ort wirken. Von Vorteil ist, dass wir unser Büro direkt auf dem Campus in Steinfurt haben und damit direkt an die FH angebunden sind.

Ist so eine Form der strategischen Allianz etwas Besonderes oder Alltag in Deutschland?

Adam: Mit dieser engen Verbindung von regionaler Wirtschaftsförderung und Hochschule waren wir deutschlandweit sicher Vorreiter. Mittlerweile gibt es ein paar wenige Hochschulen, die mit ähnlichen Modellen arbeiten.

Mit was für Unternehmen haben Sie Kontakt?

Adam: Es ist tatsächlich alles dabei – vom kleinen Startup bis hin zum Großunternehmen aus einer Vielzahl von Branchen. Darin sieht man auch tagtäglich, dass sich die Region nicht auf eine technologische Sparte festlegen lässt.

Auch Firmen mit eigener Entwicklungsabteilung?

Adam: Auf jeden Fall. Sie profitieren vom Blick über den eigenen Tellerrand, denn die Gespräche mit unseren Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen oder die Arbeit mit Studierenden führen in der Regel zu einem echten Mehrwert.

Wie kann man sich Ihre Arbeit als Schnittstelle zwischen unternehmerischer Praxis und wissenschaftlicher Forschung konkret vorstellen?

Adam: Wenn ein Unternehmen an uns herantritt, schauen wir zunächst: Welche Fragestellung hat das Unternehmen konkret? Mit welchen Kompetenzen können wir unterstützen? Wir suchen dann geeignete wissenschaftliche Partner und Partnerinnen aus der Hochschule, mit denen gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet werden kann.

Welche Unterstützung können Unternehmen von wissenschaftlicher Seite erhalten? Wie unterstützt TRAIN dabei?

Adam: Es gibt ein breites Spektrum an Kooperationsmöglichkeiten – angefangen bei der Vermittlung von studentischen Projekt- und Abschlussarbeiten im Unternehmen bis hin zu kooperativer Auftragsforschung. Darüber hinaus beraten wir bei dem Thema Forschungsförderung und unterstützen bei der Beantragung von Fördermitteln.

Wie kommen Kontakte zustande? Welche Rolle spielen Veranstaltungen?

Sommer: Häufig sprechen uns Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen bei unseren Veranstaltungen an. Beispielhaft sind hier unsere Formate #Chefsache, #Fördermittel und Unternehmen Hörsaal zu nennen. Sie stehen allen Interessierten offen. Hier steht der Wissenstransfer mit der Zielgruppe Unternehmen aus der Region und die Kontaktvermittlung zwischen Unternehmen und Professoren und Professorinnen im Vordergrund. Wir informieren darüber, wie Unternehmen mit der FH zusammenarbeiten können und wo wir als TRAIN unterstützen. Es gibt aber auch Formate, bei denen speziell Unternehmen mit Studierenden zusammengebracht werden wie Meet the Boss, Unternehmensfahrten oder den Firmentag.

Welchen Stellenwert hat der jährliche Firmentag?

Sommer: Unser jährlich im Oktober stattfindende Firmentag auf dem FH-Campus in Steinfurt spielt eine wichtige Rolle. Es handelt sich um eine Jobmesse, bei der Studierende Personalverantwortliche persönlich kennenlernen, Auskunft über Job- und Praktika-Angebote erhalten und Praxisvorträge mit Tipps zu Bewerbung und Karriereplanung hören. Der Firmentag wird immer beliebter. Denn der Druck bei den Unternehmen, geeignete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu finden, ist sehr hoch. Innerhalb von einer halben Stunde waren in diesem Jahr unsere Stände ausgebucht. Rund 80 Unternehmen beteiligen sich, knapp 25 davon aus dem Kreis Steinfurt.

Haben Sie konkrete Tipps für Unternehmen bei der Fachkräftesicherung?

Adam: Kümmert euch um die Studierenden! Bietet ihnen Möglichkeiten für Projekt- und Abschlussarbeiten in euren Unternehmen und auch Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen, die ihnen fachlich zur Seite stehen. Das ist wie ein langes Vorstellungsgespräch und beide haben die Möglichkeit, sich gut kennenzulernen. Auch wenn ein Unternehmen aktuell keine Stellen zu besetzen hat, so schafft man dadurch frühzeitig Bindungen, die bei einer späteren Job- bzw. Fachkräftesuche eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.

Können Sie uns konkrete Beispiele für eine Zusammenarbeit nennen?

Adam: Ein „Wiederholungstäter“ ist beispielsweise der Industrieverpackungshersteller EMPAC GmbH. Er kam mit einer Idee auf uns zu, bei der es um den Einsatz von Lasertechnologie ging. Es folgte eine Kooperation mit dem Laserzentrum der FH, die durch Fördermittel kofinanziert werden konnte. Das Ergebnis: eine Auszeichnung mit dem Innovationspreis Münsterland in der Kategorie „Wissenschaft trifft Wirtschaft“ im Jahr 2019. Das Unternehmen war von der professionellen Kooperation derart begeistert, dass direkt Fördermittel für eine weitere Innovation erfolgreich beantragt wurden.

Noch ein Beispiel?

Adam: Die Schmitz Textiles GmbH + Co. KG, Produzent textiler Lösungen im Indoor- und Outdoorbereich wollte 2019 seine innerbetrieblichen Logistikprozesse mit Hilfe digitaler Mittel optimieren. TRAIN hat hier eine studentische Projektarbeit und Fördermittel vermittelt.

Was ist vor einer Zusammenarbeit generell zu beachten?

Adam: In der Regel sind bei studentischen Abschlussarbeiten Urheberrechte zu berücksichtigen und zu wahren. Dies sollte im Vorfeld vertraglich geregelt werden, genau wie die Bezahlung der Studierenden für ihre Arbeit. Darüber hinaus gilt es, bei Kooperationsprojekten zwischen Unternehmen und Hochschule vertragliche Regelungen zu schaffen, die die Belange von beiden Parteien rechtskonform berücksichtigen. Dies ist in der Regel kein Problem, muss aber rechtzeitig beachtet werden.

Wie profitieren beide Seiten?

Adam: Die FH ist eine Hochschule für angewandte Wissenschaften. Die Unternehmen profitieren vom Blick Außenstehender auf ihre Branche, ihre Produkte. Aber Wissenstransfer ist natürlich keine Einbahnstraße. Die Studierenden finden Themen aus der Praxis für ihre Arbeiten. Lehrende profitieren vom Blick über den Tellerrand und erfahren, was aktuell in den Unternehmen los ist und können dies in ihre Lehre integrieren.

Welche Herausforderungen birgt ihre Arbeit?

Adam: Häufig sprechen Unternehmen und Hochschulbeschäftigte unterschiedliche „Sprachen“, kommen aus unterschiedlichen Sphären. Da ist es hilfreich, wenn man interdisziplinär aufgestellt ist. Wir moderieren und leisten gegenseitige Übersetzungsarbeit.

Was hat sich verändert in den vergangenen 20 Jahren?

Sommer: Die Arbeitswelt hat sich grundsätzlich gewandelt. Gerade die Studierenden der ingenieurwissenschaftlichen Fachbereiche in Steinfurt können sich ihre Jobs in der Regel aussuchen. Eigentlich kann man davon sprechen, dass sich das Unternehmen bei den Studierenden bewerben muss – eine deutliche Umkehr zu früheren Zeiten.

Adam: Die Offenheit für eine Zusammenarbeit mit der Hochschule ist größer geworden. Das hängt sicher damit zusammen, dass wir es mit einer neuen Generation von Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen zu tun haben, die häufig selbst ein Studium absolviert haben. Aber auch mit der Komplexität an Themen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit, Cybersicherheit, Standortmarketing und neue Energieformen, mit denen Unternehmen heute konfrontiert sind.

Das TRAIN-Team unterstützt u.a. die Kooperation des Industrieverpackungsherstellers EMPAC mit dem Laserzentrum der FH Münster. (Foto: Stefan Adam)

Interview: Katrin Herbers

 

Mehr über TRAIN finden Sie hier:

www.fh-muenster.de/transfer/Projekte/train.php

 

 

 

 

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